Bei bestem Spätsommerwetter begeisterte vom 6. bis 8. September im Kloster Lüne, im Scala Programmkino und in der Event Location Klippo das 14. Film- und Medienforum Lüneburg rund 100 Filmschaffende, die sich bei Panel-Diskssionen, Work in Progress-Präsentationen, Pitchings und Exkursionen austauschen konnten.
In den vergangenen Jahren war das vom Film & Medienbüro Niedersachsen veranstaltete Event traditionell im kalten November. In diesem Jahr strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel und bei Temperaturen um die 30 Grad konnten die Mittagspausen in den schattigen Klostergarten verlegt werden. Einen kleinen Wehrmutstropfen gab es dennoch: Die Studierenden niedersächsischer Hochschulen waren alle noch in den Semesterferien und nahmen nicht an der Veranstaltung teil.
Traditionell startete das Forum mit einer Pitching-Session. Diesmal fand die Veranstaltung im Klippo statt, einem Veranstaltungsort im Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg. Veronika Hertlein wurde für ihre Serienidee NACHRUF knapp vor Nicolas Stille und seiner Coming-of Age-Komödie DER CLOWN, DIE GANGSTERBRAUT UND ICH mit dem Preis für das Beste Pitching ausgezeichnet.
Die Präsentation von CLASHING DIFFERENCES von Merle Grimme war der perfekte Auftakt für ein Panel über Inklusion und Diversität als Herausforderung und Chance in der Filmproduktion. Es diskutierten Denise M'Baye, Schauspielerin, Sängerin und Autorin, Letícia Milano und Johanna Faltinat vom Büro für vielfältiges Erzählen und Tina Thiele, Journalistin und Betreiberin von casting network.
Eine Checkliste zum Green Storytelling stellte FMB-Vorstandsmitglied Dr. Julia Dordel gemeinsam mit Dramaturg Ron Kellermann vor, der anhand vieler Filmbeispiele zeigte, wie und auf welche Weise der Klimawandel erzählt werden kann und wie durch Filme auch Lust auf Veränderung gemacht wird.
FMB-Vorstandsmitglied Silke Merzhäuser begrüßte die erfolgreiche Serienautorin und Showrunnerin Marianne Wendt (u.a. DER IRLAND-KRIMI, EDEN und NEUMATT). Sie erzählte über ihren Weg vom Theater zu Film und Serie und erläuterte die unterschiedlichen Aufgaben und Verantwortungsbereiche als Creatorin, Showrunnerin, Autorin und Head-Autorin.
Klaus Hansen, Direktor der dänischen Filmförderung FilmFyn berichtete über die Situation der dortigen Regionalförderung und auf dem anschließenden Panel mit Petra Schleuning, Leiterin Film- und Medienförderung der nordmedia, und Lisa Emer vom Creative Europe Desk Hamburg wurde unter der Moderation von Florian Vollmers eifrig darüber diskutiert, was die Herausforderungen von regionalen Förderinstitutionen sind.
Im SCALA Programmkino wartete auf die Teilnehmer ein interessantes Kinoprogramm. GRETAS GEBURT feierte in Anwesenheit der Regisseurin Katja Baumgarten seine Niedersachsen-Premiere. Und LAS VEGAS wurde von Produzent Jan Philip Lange und Regisseur Kolja Malik vorgestellt.
FMB-Vorstandsmitglied Radek Wegrzyn moderierte ein Panel zu Künstlicher Intelligenz in der Filmproduktion, wobei unterschiedliche KI-Tools vorgestellt wurden. So ist beispielsweise die text to image-App Midjourney hilfreich für Moodboards. Runway ML hingegen ist ein image-to-image-Werkzeug und kann wie eine Kamera verwendet werden, aber auch Bilder bearbeiten. Mit Wonderstudios ist es möglich ganz ohne green screen Bilder aus einem Film zu bearbeiten. Radek Wegrzyns Einschätzung der Anwendungen: „Diese Tools demokratisieren die Industrie, künftig sind keine großen und kostenintensiven VFX-Studios mehr nötig, um Filme herzustellen.“
Auf dem Panel sprach auch Mara Deuschle, die für A.P.L. Publishing tätig ist, die Musik für den Einsatz in TV, Film und anderen audiovisuellen Medien produziert und lizensiert und über eine riesige Datenbank zugänglich macht. Neu ist die Suche mit Hilfe der KI: Man lädt im Suchfeld eine Musikdatei hoch oder trägt die ULR ein und bekommt ähnliche Stücke von einer künstlichen Intelligenz vorgeschlagen, was die Recherchezeit extrem verkürzt.
Auch die KI der ukrainischen Firma Respeecher vereinfacht die Produktion von audiovisuellen Inhalten: Bei Respeecher, vorgestellt von Anna Bulakh, kann man Stimmen kaufen. Mit Hilfe von KI-Tools werden vorhandene Stimmen, an denen die die Firma die Rechte hat, bearbeitet, so dass künstliche hergestellte Stimmen für Filme, Games oder andere audiovisuelle Medien hergestellt werden können.
Ein Doku-Panel, moderiert von Johannes Bünger, beschäftigte sich mit den Vorgaben zu Recherchen bei dokumentarischen Formaten. Neben dem online zugeschalteten Redaktionsleiter des Magazins Panorama, Volker Steinhoff, diskutierten Dennis Leiffels, Journalist und Produzent von Info-Formaten für Digital Natives und Christian Grauer-Mettin, Producer von Fernseh-Dokumentationen bei Dokness.
Nach dem letzten Panel im Kloster Lüne machten sich die Besucher*innen des Film-und Medienforums auf zur Studio Hamburg Serienwerft GmbH und bekamen von Produzent Jan Diepers und Herstellungsleiter Kai Pegel eine exklusive Führung durch das Studio der deutsche Telenovela ROTE ROSEN. Zwei Stunden gab es Einblicke in den Writers Room, den Fundus und die unterschiedlichen Sets, in denen auch am Freitag bis 18.30 Uhr gedreht wurde - 45 Minuten täglich müssen produziert werden. Wer Interesse an einer Arbeit oder an einem Praktikum hat, soll sich gerne melden, sagte Jan Diepers, der aktuell besonders junge Autor*innen für den Writers Room sucht.
Der Termin des 15. Film- und Medienforum Lüneburg 2024 wird Anfang des kommenden Jahres bekannt gegeben.
Ein Mitschnitt des Panels „Künstliche Intelligenz als Werkzeug im kreativen Prozess und in der Produktion“ ist online abrufbar
Ein ausführlicher Bericht zum Film- und Medienforum Lüneburg 2023 erscheint im Oktober im kommenden FMB-Rundbrief.
Text: Cornelia Köhler, Fotos: Kerstin Hehmann