Von Wildeshausen und Lüneburg, über Ostfriesland, das Wendland, den Solling und das Emsland durch die Bundesrepublik nach Europa führen uns Filme aus den letzten 40 Jahren, die einen vielseitigen Blick auf Niedersachsen erlauben und die beispielhaft für „Dokumentarfilm - made in Niedersachsen“ stehen.
In mehreren Kinos in Niedersachsen läuft eine Filmreihe mit 11 herausragenden künstlerischen Dokumentarfilmen niedersächsischer Produzent*innen und Regisseur*innen aus den letzten vier Jahrzehnten. Kriterien für die Auswahl waren: Niedersächsisches Thema bzw. Ereignis, Regisseur*in und/oder Produzent*in aus Niedersachsen und Förderung durch die Filmförderung. Anlass sind das 75jährige Jubiläum des Landes Niedersachsen und das Film- und Medienforum Niedersachsen im November in Lüneburg.
Zu den Filmaufführungen kommen Regisseur*innen, Produzent* innen oder Beteiligte in die Kinos. Den Schlusspunkt setzt das Film- und Medienforum Niedersachsen in Lüneburg Anfang November. Dort findet am 10. November 2021 eine Diskussionsrunde zur Geschichte des Dokumentarfilms in Niedersachsen statt – und zu seiner Zukunft. Moderation: Ulrich Spieß, ehemaliger Leiter des Adolf Grimme Preises.
Kino im Künstlerhaus, HANNOVER
Lagerhalle OSNABRÜCK
Scala Programmkino, LÜNEBURG
LiLi Servicekino, WILDESHAUSEN
Gedenkstätte Augustusschacht HASBERGEN
2004, 89 Min., Regie: Andreas Voigt, Kamera: Marcus Winterbauer, Johann Feindt, Jacek Blawut, Andreas Voigt, Musik: Hannes Zerbe, Schnitt: Marina Künzel, Produzentin: Barbara Etz, Produktion: á jour Film- & Fernsehproduktion, Förderung: nordmedia, BKM, NDR/ARTE, MDM, European Docu Zone Award 2005
„Invisible“ erzählt die bewegenden Geschichten von fünf Flüchtlingen, die illegal in Europa leben. Über ein Jahr hinweg begleiten wir diese Fünf in Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Polen, Deutschland und Nigeria.
1997, 73 min., Regie, Buch: Paul Meyer, Rudolf Kersting, Kamera: Ulrich Fischer, Rudolf Kersting, Produktion: Paul-Meyer-Film, Förderung: Kulturelle Filmförderung Niedersachsen
Deutsch-niederländisches Grenzgebiet kurz vor Kriegsende. Bei heftigen Rückzugsgefechten verliert der 19jährige Gefreite der Fallschirmjäger, Willi Herold, die Verbindung zu seiner Einheit und macht einen Zufallsfund: In einem zerschossenen PKW entdeckt er eine unversehrte Hauptmannsuniform. Nach seiner Verwandlung vom Gefreiten zum Luftwaffenoffizier, sammelt er auf dem Weg durchs Emsland andere versprengte Soldaten ein und bildet aus ihnen seine eigene Einheit. Am 11. April erreicht die Truppe das bei Papenburg gelegene Strafgefangenenlager Aschendorfermoor und richtet bis zum Eintreffen alliierter Truppen ein Massaker an…
2009, 103 Min, Regie, Buch: Hans-Erich Viet, Kamera: Johann (Frido) Feindt, Produzent: Herbert Schwering, Produktion: Coin Film in Co-Produktion mit Vie Filmproduktion, Filmförderung: Film- und Medien Stiftung NRW, BKM, nordmedia
Eine persönliche Reise, ausgehend von Ostfriesland, meiner Heimat: Seit der Bundestagswahl 2005 sind wir immer wieder unterwegs, lassen uns überraschen von Menschen und Situationen. Wir drehen in Küchen, Werkstätten, Wohnzimmern, Fabriken, Kneipen und auf öffentlichen Plätzen. Bewegen uns in der Gegenwart sozialer Auseinandersetzungen und wühlen in der deutschen Geschichte. Die Realität in den Fabriken ist dabei so wertvoll wie die Erinnerung der alten Dame an den Krieg. Der Schlagersänger im Alpenpanorama nimmt sich und sein Metier so ernst wie der taiwanesische Restaurantbetreiber in Berlin-Moabit seine Kochkultur. Ein Dokumentarfilm über Stimmungen und Realitäten in Deutschland. Deutschland nervt: ja, schon. Aber es fasziniert auch!
2001, 80 min., Regie: Imke Koslowski, Astrid Schwabe, Johannes Bünger, Produktion: Rechen- und Medienzentrum der Universität Lüneburg, in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt Lüneburg e. V., Förderung: Universität Lüneburg
Wie haben sie die Zeit des Nationalsozialismus in Lüneburg miterlebt? Neun Zeitzeugen, die damals als Kinder oder Jugendliche in Lüneburg lebten, setzen sich mit dieser Frage auseinander und vermitteln mit ihren Erinnerungen bisher unbekannte Facetten unserer Stadt. Sie führen an Orte, an denen jeder Lüneburger bereits vorbeigekommen ist, oft ohne zu wissen, was sich hier vor 80 Jahren ereignete: jüdische Geschäfte in der Großen Bäckerstraße, Hitlers Rede am MTV-Platz oder ein Massengrab im Tiergarten. Der Film soll aber nicht nur vergangene Ereignisse zeigen, sondern auch anhand des Alltags von Jugendlichen erklären, wie der Nationalsozialismus so tief in das Leben der Lüneburger eingreifen konnte.
2003, 75 min., Regie, Buch: Oliver Axer, Susanne Benze, Produktion: CounterClockWise - C. Cay Wesnigk Filmproduktion, Ko-Produktion: ZDF/Arte, Förderung: Kulturelle Filmförderung Niedersachsen
Eine Komposition von Archivfilmsequenzen aus den Bereichen Spielfilm, Amateurfilm, Lehrfilm, Trickfilm, Werbung, Propaganda - unterlegt mit zeitgenössischer Tanz- und Unterhaltungsmusik des Dritten Reiches. HITLERS HITPARADE analysiert auf subtile Art die verführerische Komponente der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland. Und zeigt dabei, wie sich ein Kulturvolk und eines der modernsten Länder der damaligen Zeit durch den Naziwahn in einen moralischen und substantiellen Trümmerhaufen verwandelten.
1985, 125 min., Regie: Roswitha Ziegler, Niels C. Bolbrinker, Gerhard Ziegler, Jochen Fölster, Drehbuch: Roswitha Ziegler, Gerhard Ziegler, Kamera: Niels C. Bolbrinker, Produktion: Wendländische Filmkooperative, Förderung: Hamburger Filmförderung
"Zwischenzeit“, der als spannende Mischform zwischen Dokumentation und Fiktion angelegte Film der Wendländischen Filmkooperative, bietet einen besonderen Blick auf den engagierten Atom-Widerstand in Gorleben in den Jahren 1981-1985. Ein fiktiver Akzeptanzforscher (Jochen Fölster) begibt sich zwischen die Fronten der Anti-AKW-Bewegung und der Polizei und versucht zu schlichten. Mit seinen soziologischen Vorträgen, stellt der engagierte Wissenschaftler oftmals auf augenzwinkernde Weise die politische Utopie der Kernkraftgegner der gegebenen politischen Realität gegenüber. Spannende ironisch-selbstkritische Nuancen in dem dokumentarischen Material, welches das bewegte Geschehen im Wendland in den 1980er Jahren reflektiert.
2014, 100 min., Regie, Buch, Kamera, Schnitt: Roswitha Ziegler, 2. Kamera: Niels Bolbrinker, Gerhard Ziegler, Produktion: Wendländische Filmkooperative, Förderung: nordmedia, Filmförderung Hamburg-Schleswig Holstein
2009: Ein Mann bekommt eine Krebsdiagnose. So wie Tausende jedes Jahr. Die Ärzte geben ihm drei Monate bis maximal ein Jahr. Er ist Theaterregisseur. Ein Mann, der Hoffnungen hat, der überleben will, der nicht aufhört zu träumen. „Noch hier. Schon da“ ist ein subjektiver, tagebuchartiger Dokumentarfilm über den krebskranken Schauspieler und Regisseur Jochen Fölster, der von seiner Tochter und seiner Frau von Herbst 2009 bis Februar 2013 gedreht wurde.
1994, 98 min., Regie: Elke Baur, Buch: Peter Faecke, Kamera: Niels C. Bolbrinker, Produktion: Tiger TV, Förderung: Filmförderung des NDR in Niedersachsen, Filmförderung Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Baden Württemberg
Der Film beschreibt das Leben von Fritz Levy, dem einzigen Juden Jevers, der nach dem Holocaust in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist und dort als stadtbekannter Eulenspiegel den Mitbürgern, die keine Nazis gewesen sein wollten, auf seine ganz persönliche Weise den Spiegel vorgehalten hat. Nach jahrelangem Prozess mit der Stadt Jever um seinen Besitz schrieb er: "Gewonnen und zu Tode gesiegt". Anfang der 1960er Jahre wollte Fritz sterben und legte sich ins Bett. Den langen Tod hatte er nach einigen Jahren satt. Von da an mischte er sich aktiv in das Leben seiner Stadt ein und wurde 80-jährig in den Stadtrat gewählt, bevor er ein paar Monate später starb. Testamentarisch hat er sein Haus der Sinti Familie Schwarz hinterlassen. Aber die Stadt Jever erfüllt ihm diesen letzten Wunsch nicht.
2001, 90 Min., Regie: Gerd Conradt, Buch: Gerd Conradt, Hartmut Jahn, Kamera: Armin Fausten, Hans Rombach, Steffen Grossmann, Phillip Virus, Produktion: Hartmut Jahn Filmproduktion, Förderung: Filmförderung des NDR in Niedersachsen, Filmboard Berlin-Brandenburg, MEDIA Programm der Europäischen Union
Starbuck - das ist der Steuermann der Pequod aus Melvilles Roman "Moby Dick". Starbuck - das war der Deckname des deutschen Terroristen Holger Meins. Holger Meins starb als erstes RAF-Mitglied 1974 in Untersuchungshaft im Hungerstreik. Er wurde 33 Jahre alt. 25 Jahre nach seinem Tod begibt sich der Filmemacher und Freund Gerd Conradt auf Spurensuche nach dem Steuermann der "Baader-Meinhof-Gruppe".
An den Pfadfinder, Künstler, Filmemacher und Guerillero Meins erinnern sich u.a. Gretchen Dutschke, Harun Farocki, Wolfgang Petersen, Peter Lilienthal, Michael Ballhaus, Margrit Schiller und "der Familienbulle", Kriminalkommissar Alfred Klaus.
1998, 90 min., Regie, Buch: Ulrike Franke, Michael Loeken, Kamera: Jörg Adams, Uwe Schäfer, Reinhard Köcher, Andreas Zickgraf, Produktion: Volkmar Strüßmann, Förderung: Filmförderung des NDR in Niedersachsen und Kulturelle Filmförderung Niedersachsen, Filmförderung Nordrhein-Westfalen, Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern
Ein Porträt der deutschen Schlagersängerin Renate Kern, die in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre große Erfolge mit ihren optimistischen Liedern feierte, den Niedergang ihres Erfolgs jedoch nicht ertragen konnte und 1991 nach langer Depression Selbstmord verübte. Anhand von Archivmaterial und Aussagen von Wegbegleitern entstand eine beeindruckende Biografie, die über das Porträt einer eigentlich schüchternen Frau hinaus die deutsche Schlagerbranche hinterfragt und die übergroß beschworenen Gefühle des Metiers auf kleinbürgerliche Dimensionen schrumpfen lässt. Ein Glücksfall für den Dokumentarfilm.
2009, 90 min., Regie, Buch: Michael Heuer, Kamera: Frank Burhenne, Förderung: nordmedia
24 Tage lang sitzt der zuletzt in Hannover gemeldete Mann auf dem morschen Hochsitz, isst und trinkt immer weniger, bis er im Dezember 2007 einsam und unbemerkt stirbt. Wie Willy Loman in Arthur Millers berühmtem Theaterstück "Tod eines Handlungsreisenden" aus dem Jahre 1949, hat sich der einst erfolgreiche Verkaufsleiter Peter Zschäpe in der modernen Arbeitswelt nicht mehr zurechtgefunden. Die Frührente lehnt der 58-Jährige genauso ab wie Hartz IV. Das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ist für ihn das Eingeständnis, versagt zu haben. "Die Rente ist sicher!" und "Arbeit muss sich wieder lohnen!": diesen locker dahergesagten Sprüchen deutscher Politiker ist der "Handlungsreisende" des 21. Jahrhunderts auf den Leim gegangen. Dass Arbeit jedoch immer häufiger depressiv macht, hat unlängst der Freitod von Robert Enke gezeigt.
Eine Veranstaltung des Film & Medienbüros Niedersachsen mit der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK), gefördert mit Unterstützung des Landes Niedersachsen