8. Film- und Medienforum Niedersachsen

im Kloster Lüne und SCALA Programmkino, Lüneburg

Foto: Kerstin Hehmann
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Foto: Kerstin Hehmann

Seit acht Jahren ist das Film- und Medienforum ein wichtiger Termin für die Medienbranche im Norden. Im mittelalterlichen Kloster Lüne trafen sich auf Einladung des Film & Medienbüros Niedersachsen am Donnerstag, den 30. November und Freitag, den 1. Dezember 2017 wieder ca. 100 ProduzentInnen, TV-RedateurInnen, Kino- und FestivalmacherInnen, AutorInnen, FilmemacherInnen und VertreterInnen aus Politik und Filmförderung zum kreativen Austausch und zur Diskussion. Abends wurden nordmedia-geförderte Filme im Programmkino Scala präsentiert.

In diesem Jahr stand die Chancengleichheit von Frauen in Film und Fernsehen im Zentrum und zog sich wie ein roter Faden durch das Forum: Die Panels und die Moderation waren paritätisch mit Männern und Frauen besetzt, die Filme, die im Kino gezeigt wurden, mussten in den Hauptgewerken Männer und Frauen beschäftigen und zusätzlich den „Bechdel-Test“ bestehen, der den Status von Frauenrollen in Spielfilmen untersucht.

Unter der Moderation der „Filmlöwin“ Sophie Charlotte Rieger diskutierten Cornelia Köhler (WIFT Germany), Susanne Binninger (AG DOK / Deutscher Kulturrat), Petra Schleuning (nordmedia), Mechthild Schramme-Haack, (Landesfrauenrat Niedersachsen / NDR Rundfunkrat) und Dr. Cornelie Kunkat (Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“, Deutscher Kulturrat) Möglichkeiten und Strategien, weiblichen Medien- und Filmschaffenden bessere Chancen zu ermöglichen und selber sichtbarer und selbstbewusster zu werden.

Die Zahlen der diversen Studien zum Geschlechterverhältnis in Film und TV (u.a. der FFA, von ARD und ZDF und dem deutschen Kulturrat), die Sophie Charlotte Rieger im Impulsvortag vorstellte, stimmen leider immer noch nicht sehr optimistisch. Um so wichtiger, sich auszutauschen und über Lösungsansätze zu sprechen. Und davon gab es reichlich auf dem Panel. Mechthild Schramme-Haack vom Landesfrauenrat forderte alle Medienfrauen auf, sich auch politisch zu äußern. Susanne Binninger von der AG DOK und Cornelia Köhler von WIFT betonten, wie wichtig es ist sich mit anderen Frauen zu vernetzen, sei es im Berufsleben oder schon an der Hochschule. Und Dr. Cornelia Kunkat betonte, wie außerordentlich wichtig es für die Frauen ist, sich in Gremien wählen zu lassen, um dort aktive Gleichstellungspolitik zu machen.

Mechthild Schramme-Haack, (Landesfrauenrat Niedersachsen / NDR Rundfunkrat) | Cornelia Köhler (WIFT Germany) | Dr. Cornelie Kunkat (Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“, Deutscher Kulturrat) | Dr. Julia Dordel (Film & Medienbüro, WIFT) | „Filmlöwin“ Sophie Charlotte Rieger | Angela Linders (AG DOK) | Susanne Binninger (AG DOK / Deutscher Kulturrat) | Petra Schleuning (nordmedia) | Foto: Kerstin Hehmann

Nachdem schon in den letzten beiden Jahren Redakteure des Jungen Angebots von ARD und ZDF „funk“ vorgestellt hatten, erläuterten Salome Zadegan und Philipp Goewe vom NDR sowie Lina Kokaly von Radio Bremen die neuesten Planungen für das Content-Netzwerk für junge Zielgruppen. Lina Kokaly präsentierte die zweite Staffel von „Wishlist“, die NDR-RedakteurInnen hatten ein neues investigatives Reportageformat im Gepäck. Alle drei freuten sich auch über die Gelegenheit, sich auf dem Panel miteinander auszutauschen. Aber auch kritische Fragen des Moderators Stefan Fries vom Deutschlandfunk nach der YouTube-Plattform und dem Nutzerverhalten der Zuschauer wurden erörtert.

Reportageformate im NDR Fernsehen:

Vivien Pieper, Pieper&Partner | Stefan Fries, Deutschlandfunk (Moderator) | Susanne Wachhaus, NDR Hannover | Foto: Kerstin Hehmann
Vivien Pieper, Pieper&Partner | Stefan Fries, Deutschlandfunk (Moderator) | Susanne Wachhaus, NDR Hannover | Foto: Kerstin Hehmann
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Vivien Pieper, Pieper&Partner | Stefan Fries, Deutschlandfunk (Moderator) | Susanne Wachhaus, NDR Hannover | Foto: Kerstin Hehmann

Auf einem weiteren Panel stellte Susanne Wachhaus aus dem NDR-Funkhaus in Hannover Formate innerhalb der 18:15-Sendeschiene vor, Vivienne Pieper vom Autorenkollektiv Pieper und Partner reflektierte ihre durchweg positiven Erfahrungen mit den NDR-Formaten. Nach ihrer Erfahrung werde Content derzeit gesucht und es sei eine gute Beschäftigungslage für AutorInnen.

Ruth Rogée vom Scala Programmkino und dem Kinobüro Niedersachsen/Bremen diskutierte mit Walfried Malleskat und Wolfgang Voigt und der Moderatorin Eva-Maria Schneider-Reuter über die Entwicklungschancen von Kinos auf dem Land. Die beiden vertreten engagierte Kinoinitiativen in den Städten Schneverdingen und Bendestorf.

Beim Thema „Filmstudium in Niedersachsen“ loteten nach einer Einführung von Prof. Wilfried Köpke von der Hochschule Hannover als weitere Diskutanten Dr. Volker Wortmann von der Universität Hildesheim und Studierende aus Hannover, Hildesheim und Braunschweig die Möglichkeiten einer Medienakademie für Niedersachsen aus und entwarfen gemeinsam mit Moderatorin Denise M’Baye Ideen zur Kooperation und Vernetzung. Die Studierenden forderten von ihren Professoren als ersten Schritt die Bereitstellung eines Niedersachsen-weiten Netzwerks für gemeinsame Filmtechnik, sowie ein gemeinsames Verzeichnis aller Studierenden in filmischen Bereichen.

Radek Wegrzyn (am Mikrofon), Jacqueline Ueltzen, Felix Giese, Dr. Volker Wortmann, Moderatorin Denise M'Baye, Hendrik Hihn, Isabel Dubrownik, Prof. Wilfried Köpke | Foto: Kerstin Hehmann.

Faire Bezahlung im Filmbereich

Um das immer wieder präsente Thema der fairen Bezahlung ging es am Freitagnachmittag. Angela Linders präsentierte für die AGDok eine Studie, nach der DokumentarfilmautorInnen für längere Dokumentationen im Schnitt 55,- € am Tag verdienen. Dr. Julia Dordel, Produzentin und 1. Vorsitzende des Film & Medienbüros machte deutlich, dass bei kleinen Produktionen oft nicht einmal Mindestlohn gezahlt werden könne. Dass auch bei Festivals sich viele MitabeiterInnen mit einem absolut kleinen Salär bescheiden müssen, beklagte Grit Lemke von der Initiative „Festivalarbeit gerecht bezahlen“, aber auch für Kinos ist eine korrekte Bezahlung oft schwer zu bewerkstelligen, wie Ruth Rogèe darlegte. Lars Stubbe von der ver.di-FilmUnion erläuterte die Ergebnisse von Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft und Fernsehanstalten bzw. der Produzentenallianz.

Jochen Coldewey von der nordmedia machte deutlich, dass die Förderung zwar auf Kalkulationen und Entlohnungen schaue und es auch gelungen sei, bei der Finanzierung der Nordlichter eine Erhöhung zu erreichen, doch die Verantwortung für faire Bezahlung bei den ProduzentInnen liege. Ein Modell, das alle Filmschaffenden, Produzenten und Gewerke zufrieden stellen kann, wurde nicht gefunden; eventuell bieten sogenannte „Crewfunding“-Modelle für kleinere Projekte eine Lösung. Julia Dordel empfahl den FilmemacherInnen, bei einer unzureichenden Finanzierung nicht zu viele externe Kräfte zu beschäftigen und die Produktion eher klein zu halten.

Work in Progress

"WIR“ von Faraz Shariat und Paulina Lorenz. Moderation Eva-Maria Schneider-Reuter (Mitte) | Foto: Kerstin Hehmann
"WIR“ von Faraz Shariat und Paulina Lorenz. Moderation Eva-Maria Schneider-Reuter (Mitte) | Foto: Kerstin Hehmann
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"WIR“ von Faraz Shariat und Paulina Lorenz. Moderation Eva-Maria Schneider-Reuter (Mitte) | Foto: Kerstin Hehmann

An beiden Tagen wurden in der „Work in Progress“-Reihe sieben Filmprojekte vorgestellt, an denen die RegisseurInnen noch arbeiten, bis auf Skysharks, dessen Präsentation wohl am unterhaltsamsten war, alle nordmedia-gefördert. Das Publikum bekam außerdem Einblick in die Arbeit an dem 3D-Projekt „Solid Beach“ von Motte Jansen, dem interaktiven Format „Being Lisa“ von der Produktionsgruppe Schurkenstart Film, der Crossmedia-Serie „Die wahren Hausfrauen von Habenhausen“ von Cedar D. Wolf, dem Spielfilm „WIR“ von Paulina Lorenz und Faraz Shariat und den beiden anrührenden Dokumentarfilmen „Forever now“ von Rosa Hannah Ziegler und „Die Schule auf dem Zauberberg" von Radek Wegrzyn.

Abends wurden am Mittwoch und Donnerstag nordmedia-geförderte Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme gezeigt. Am Freitag präsentierte die in Lüneburg ansässige Jugendfilmjury „Amelie rennt“. Die Arbeit der Jury wird im Rahmen der Schulkinowochen des Film & Medienbüros ebenfalls von der nordmedia gefördert.

Das Forum war nur möglich durch die Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur im Rahmen der institutionellen Förderung des Film & Medienbüros, die Förderung durch die nordmedia und das Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg sowie die AGDok, TV Plus, die ver.di-Filmunion, das Kinobüro Niedersachsen/Bremen und Chaussee Soundvision und durch die ehrenamtliche Arbeit von Vorstand und Mitgliedern des Filmbüros bei der Vorbereitung und Durchführung.